Mit dem Wanderbuddy ins Elbsandsteingebirge




Als ich erfuhr, dass sich die wunderschöne Basteibrücke des berühmten Windows Desktopbildes tatsächlich in meinem Heimatland Deutschland befand und nur 5 Autostunden entfernt war, war mir sofort klar, dass dies mein nächstes und damit erstes Wanderziel sein wird. Schon länger liebäugelte ich mit dem Gedanken eines Wandertrips in Norwegen oder Schweden. Das Elbsandsteingebirge lieferte die idealen Voraussetzungen für eine erste Probetour.
Das beste daran: Ich konnte endlich mal meinen Hund mitnehmen!
Da ich nicht wusste wie weit ich mit meinem achtjährigen Chihuahua Rüden kommen würde, wie lange er durchhalten würde und ob er überhaupt alle Wege bezwingen könnte (Hängebrücken, Leitern etc.) wollte ich eine Tragetasche besorgen. Ich recherchierte ein wenig im Netz und probierte einige Varianten aus. Die gefiel Buddy leider überhaupt nicht! Es war relativ schwierig den sich wehrenden Hund in die Vorrichtungen zu buchsieren. Er hing dann zwar relativ sicher in den Tasche, allerdings konnte ich mir kaum vorstellen, dass er in dieser Position richtig entspannen kann.
Von meinem Umfeld bekam ich leider nicht allzu positive Resonanz... "Er wird sich dran gewöhnen müssen." hieß es. Oder "Der arme Hund", "Kannst du ihn nicht irgendwo anders unterbringen?". Derartige Aussagen stießen bei mir allerdings auf Unverständnis. Wieso sollte ich meinen Hund in etwas rein zwingen, was ihm partout nicht gefällt?! Wieso kann ich nicht eine Tragemöglichkeit finden, die uns beiden zusagt anstatt bereits bei der erstbesten zu bleiben!? Und vor allem: wieso sollte ich ihn zu hause lassen?!?!? Ich hatte nicht vor meinem Hund Qualen auszusetzen, ihn zwingen Todesmärsche in brühtender Hitze mit mir durchzustehen. Ich wollte lediglich für ein paar Tage einige angenehme Spaziergänge in der tollen Natur unternehmen. Er ist ein Hund wie jeder andere, der es liebt bei seinem Frauchen zu sein und vor allem sich zu bewegen! Die Tragetasche sollte nur für den Notfall eingesetzt werden. Nach einer erfolglosen Suche entschied ich mich für die klassische Variante: im Notfall würde ich ihn einfach auf dem Arm tragen.

Am Dienstag nach Pfingsten ging es los in Richtung Königstein. Ich hoffte in dieser Woche auf wenig Touristen, da in den meisten Bundesländern die Ferien bereits endeten. Um so unabhängig wie möglich zu bleiben und mein Auto sich entsprechend dafür eignete entschied ich mich für die Übernachtung im umgerüsteten Golf auf einem Campingplatz an der Elbe. Eine Viertelstunde vor Schließung der Rezeption kam ich am Campingplatz am Treidlerweg an. Den Platz durfte ich mir selber aussuchen, also entschied ich mich für eine leere Zeltwiese direkt am Wasser.

Königstein

Am Mittwoch konnte ich endlich die erste Wandertour starten. Natürlich sollte es direkt zu meinem persönlichen Highlight, der Basteibrücke gehen. Ich suchte mir für den Anfang einen 5km 'kurzen' Rundweg. Es gibt vom Nationalpark eine App in der alle möglichen Wanderwege aufgelistet sind und die einen wunderbaren Überblick über die Startpunkte, Parkplätze, Einkehrmöglichkeiten und natürlich dem Kartenmaterial bietet.
Auf dem Weg in die Bastei mussten wir 700 Stufen hinauf bezwingen. Buddy peste sofort los. Es schien ihm sichtlich Spaß zu machen in dem Gelände herumzutoben. Auf den Aussichtsplattformen ging er jedes Mal wagemutig bis an den Felsvorsprung und ich umklammerte seine Leine vorsichtshalber noch etwas fester. Es sah aus als würde er die Aussicht ebenfalls genießen. 'Das ist mein Hund' dachte ich bei mir. Dann ging es die letzten Stufen hinauf und wir konnten einen ersten Blick auf die berühmte Brücke werfen, die live dann doch kleiner wirkt als auf den unzähligen Bildern. Ein Nachteil war jedoch, dass nicht nur ich die Idee hatte diese Tour zu gehen, sondern auch mehrere weitere Wanderer und etliche Schulklassen. Daher hielt ich mich nicht lange bei den Plattformen auf und setzte meine Wanderung fort, die dann schneller endete als erwartet. Auf dem Rückweg kamen wir an dem idyllischen Amselsee vorbei, in dem man einige Kois beobachten konnte. Völlig ausgelaugt fuhren wir zurück zum Zeltplatz wo uns auch gleich die Müdigkeit übermannte. Später gab es noch eine campingtypische Dosenmahlzeit für mich während Buddy sich nur für ein paar Bissen aufraffte um sich anschließend gleich wieder schlafen zu legen.

Blick auf die Basteibrücke



Amselsee
Am nächsten Morgen wurde ich später wach als erwartet, hielt noch einen kurzen Plausch mit meinen neuen Zeltnachbarn und bereitete anschließend Frühstück für Buddy und mich zu. Buddy war leider kaum aus dem Bett zu bekommen. Sein Futter mochte er ebenfalls nicht anrühren. Also ließ ich ihn noch ein wenig schlafen. 2h später machte er immernoch keine Anstalten aufzustehen und so langsam spürte ich Panik in mir aufkommen. Ich versuchte es erneut mit dem Futter. Wieder ohne Erfolg. Auf einmal übermannte mich selbst auf dieser kurzen Reise mein emotionaler Tiefpunkt. Ich sorgte mich um meinen Hund. Mutete ich ihm etwa zu viel zu? War das Wetter vielleicht einfach zu heiß? Stresste ihn diese Reise womöglich zu sehr? Ich fragte mich ob er ernsthafte Schäden von Überanstrengung bekommen könnte. Ich hatte ihn jedoch nicht eine Minute zum weitergehen gezwungen. Immer gab er das Tempo vor und am ersten Wandertag gab es nicht einen Moment in dem ich das Gefühl hatte dass er nicht weitergehen mochte. Doch wieso fraß er nicht?!? Wieso wollte er nicht endlich aufstehen?! Sollte ich vielleicht besser einfach abbrechen und heim fahren?!
Ich ließ ihn noch eine weitere Stunde schlafen und packte meinen Rucksack um. Hier würde ich ihn für die heutige Wanderung rein setzen. Er hatte genug Platz und schien sich auch tatsächlich darin wohl zu fühlen. Dann begab ich mich auf den Rundweg zur Schrammsteinaussicht. Kaum am Startpunkt angekommen wurde Buddy agil und hüpfte die Treppen so schnell hinauf, dass ich kaum hinterher kam. Auch auf diesem Weg waren leider wieder recht viele andere Wanderer unterwegs.


Um zur Schrammsteinaussicht zu gelangen mussten einige Eisenleitern bestiegen werden. Ich steckte Buddy also in den Rucksack und kletterte nach oben. Von den anderen erhielt ich nur belächelnde Blicke. Oben angekommen hob ich ihn wieder aus dem Rucksack und sofort vergrub er seinen Kopf in meinen Armen und signalisierte mir seine Müdigkeit. 'Ach da ist aber jemand kaputt vom nichts tun' kam sofort von einer älteren Mitwanderin. Ich versuchte zu erklären dass er noch vom Vortag fertig war, aber das wollte die Frau schon gar nicht mehr hören und ich fragte mich warum ich mich überhaupt vor ihr rechtfertigte. Ich behielt Buddy also auf dem Arm und genoss diese unglaubliche Aussicht über die Weiten der Nadelwälder aus denen immer wieder riesige Gesteinsbrocken heraus ragen. Die frische Brise in dieser Höhe bot ebenfalls eine gute Gelegenheit für eine kurze Mittagspause. Doch relativ schnell füllte sich auch diese Plattform mit immer mehr Menschen, sodass wir uns zügig wieder verdrückten. Der Weg hinauf und auch hinab ist sehr abenteuerlich und es macht einfach unheimlich Spaß sich seinen Weg zu erklimmen. Ich erinnerte mich an meinen Trail im Kalbarry Nationalpark in Australien, der diesem gar nicht so unähnlich war.
Auf dem Rückweg gab es immer wieder Momente in denen Buddy stehen blieb und ich ihn tragen musste, was ich jedoch gern in Kauf nahm. Zurück am Zeltplatz gönnte ich ihm ein erfrischendes Bad in der Elbe. Endlich fraß er nun auch sein Mittag und Abendessen auf einmal auf um sich anschließend wieder seiner Lieblingsbeschäftigung dem Schlafen zu widmen.



Schrammsteinaussicht


An meinem dritten und letzten Wandertag konnte ich mich nicht recht entscheiden ob ich die Tour zum Lilienstein oder den Rundweg durchs Bielatal nehmen sollte. Am Ende entschied ich mich für den letzteren und wie sich herausstellte war dies eine vortreffliche Wahl, denn dieser Rundweg gefiel mir von allein dreien am besten.
Buddy machte wieder einen fitten Eindruck und auch ich fühlte mich voller Energie an diesem Morgen. Wahrscheinlich hatte uns nun endgültig der Wandermood gepackt. Schon früh ging es los zur Schweizermühle, dem Ausgangspunkt unserer Tour. Als ich grade die Karte studierte hüpfte ein Frosch gegen meine Beine. *igitt* 'Das geht ja gut los' dachte ich mir. Doch schon nach den ersten paar Metern ins Tal war ich wie verzaubert von diesem Gebiet. Am Tag zuvor fühlte ich mich schon wie im Märchenwald, aber dies hier war noch eine Nummer besser. Es führte ein Weg durch den Mischwald, in denen immer wieder Gesteine auftauchten, die zum kurzen Klettergang einluden. Buddy sprang vergnügt über die herum liegenden Wurzeln, erschnüffelte all die verschiedenen Gerüche und strotzte nur so vor Energie. Das beste jedoch war, dass weit und breit keine Menschenseele zu sehen war.




Relativ zu Beginn führte der Weg uns zum Sachsenstein. Diesen konnte man mit recht steilen und hohen Eisenleitern erklimmen. Da ließ ich mich natürlich nicht lange bitten. Buddy auf den Arm und los ging es. 'Jetzt nur nicht nach unten gucken' dachte ich bereits am Ende der ersten Leiter, der noch eine weitere folgten. Die Schwierigkeit war hier den Hund nun einmal umzusetzen, da sich das Geländer nun auf der anderen Seite befand. Nun ging man weiter in den Stein hinein wo eine weitere Leiter hinauf führte. Auch diese ergriff ich sofort, musste jedoch nach der dritten Stufe wieder runter, da die Lucke durch die die Leiter hindurch führte, so eng war, dass man mit Rucksack auf dem Rücken nicht durchpasste. Also wie runter, Rucksack absetzen, und erneut hinauf. Am Ende der Leiter musste ich feststellen, dass man ein kleines Stück klettern musste um zur letzten Leiter zu gelangen. Hierfür würde ich beide Hände brauchen und mit Buddy im Arm war das unmöglich. Absetzen konnte ich ihn auch nicht, da die Gitter der Leitern und Plattform wesentlich größer waren als seine Pfoten. Hier siegte also die Vernunft und wir stiegen wieder bergab.
Aufstieg zum Sachsenstein



Auf Höhe der Herkulessteine hörten wir das erste Mal Stimmen und konnten ein paar Kletterer beobachten. Völlig beeindruckt sahen wir uns das Spektakel an. Ich spürte sofort den Abenteuergeist in mir aufkommen, hatte allerdings auch gleich die Worte meiner Mutter im Kopf 'Was bin ich froh, dass du nicht auch noch kletterst'. Zum Glück (für Mutti) kam es aufgrund meiner diesmaligen Begleitung eh nicht in Frage. Aber das Interesse am Klettern ist vorerst in meinem Kopf verankert und das Elbsandsteingebirge bietet einfach tolle Voraussetzungen dafür.

An einer Weggabelung blieb ich kurz stehen um nach dem richtigen Weg zu schauen. Auf einmal raschelte es direkt neben meinem Fuß und als mein Blick nach unten fiel sah ich wie sich etwas durchs Laub schlängelte. 'Oh mein Gott, eine Schlange!!!' Was macht die hier? War es wirklich ein Rascheln oder eher ein Klappern? Gab es überhaupt Klapperschlangen hier? Wenn es eine Tierart gibt, die ich überhaupt nicht mag, dann sind es definitiv Schlangen!!! Ich rief mir meine australischen Überlebenstipps wieder ins Gedächtnis: 'Schlangen reagieren auf die Vibrationen der Erde. Also so kräftig wie möglich auftreten' und so stampfte ich zügigen Schrittes davon.
Auf der Plattform mit der 'Kaiser Wilhelm Feste' verstand Buddy auch endlich was es heißt Pause zu machen und ließ sich an einem schattigen Platz nieder. Hier verbrachten wir also unsere Mittagspause und ich konnte nebenbei die atemberaubende Aussicht genießen.
Die Tour endete nach 3h gefühlt in Windeseile und ich war etwas traurig nicht noch länger in diesem Paradies umher spazieren zu können. Aber ich wusste auch dass Buddy sich langsam wieder ausruhen wollte.




Nun starten wir mit Restmuskelkater in den Beinen und gefühlten (und hoffentlich auch wirklichen) 2 Kilo weniger auf den Rippen unsere Rückreise in die Heimat.
Mein Fazit: Wandern fetzt tatsächlich mehr als erwartet und das Elbsandsteingebirge ist wirklich unglaublich schön. (Unglaublich was Deutschland doch für tolle Ecken hat) Es ist für jeden etwas dabei. Verschieden anspruchsvolle Wege für Groß und Klein.
Kann man einen Chihuahua wirklich mit zum wandern nehmen? Natürlich kann man das!! Ich konnte mit Buddy vielleicht nicht die weiten oder anspruchsvollen Strecken bezwingen, die ich mir sonst ausgesucht hätte, aber er hat definitiv Sportsgeist bewiesen und mich und auch andere Wanderer überrascht, die ihm oft "schulterklopfend" entgegen kamen. Ich genoss es sehr ungestört Zeit mit ihm in der Natur verbringen zu können und es freute mich, dass er scheinbar genauso viel Spaß hatte wie ich. Beim nächsten Mal würde ich vielleicht eine klimatisch günstigere Zeit wählen, denn es war weniger die Wanderung die Buddy zu schaffen machte, sondern vielmehr die teilweise sehr drückende Hitze. Aber bestimmt werde ich auch nochmal ohne ihn her fahren um meine persönlichen Grenzen auszutesten!
nach wie vor mein liebstes Fotomotiv

Kommentare

  1. Mensch, Maria. So, wie Du Euer beiden Erlebnisse niederschreibst, habe ich (fast) schon das Gefühl, wirklich dabei (gewesen) zu sein. Weiter so, Maria! Mit allem!

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