Die Welt des kleinen Mucks

An unserem zweiten Tag in Delhi mieteten wir uns für umgerechnet circa 19€ einen Fahrer für den ganzen Tag. Nachdem wir vorher mit unserer Gastmutter eine Route mit den besten Highlights erstellt hatten ging es auch schon los. Wir wollten uns einige Tempelanlagen anschauen und einen indischen Markt besuchen. Da wir relativ früh auf den Beinen waren, war es im Lotus Tempel noch ziemlich menschenleer. Der Tempel gehört zur Religion der Bahai, die alle Menschen vorurteilsfrei als Einheit betrachtet. Wie man vermuten mag, hat das Gebäude die Form einer Lotusblüte mit einem unglaublichen Klang im Inneren. 


Trotz der wenigen Menschen kamen wir nicht drumherum mal wieder Fotos mit Einheimischen zu schießen. Man kann den kleinen Indern aber auch nichts abschlagen. Immer wieder fiel mir auf, dass die grundlegende Einstellung Frauen gegenüber eine völlig andere ist als in Deutschland. Auch wenn es sich bei einigen scheinbar etablierteren Indern bereits geändert hat, wird zu 99% immer erst der Mann angesprochen und es wird auch nur ihm die Hand geschüttelt. Trotzdem gefällt es mir, wie sie mich stets mit Ma'am ansprechen. Auch wenn ich meist an Carstens Stelle antworte, werden die Fragen nur direkt an ihn gerichtet. Und ich habe den Eindruck, dass Carsten diese Stellung langsam zu genießen scheint *zwinker*
Unser Fahrer brachte uns anschließend zu einem Bazar. Hier wurden wir sofort herzlich in Empfang genommen und mit Chai versorgt. Wir nahmen in einem separaten Raum Platz umgeben von Regalen mit unzähligen Stoffen. Der Verkäufer plauderte erst ein wenig mit uns bevor er uns einige wunderschöne Pashminas (Schal) zeigte. Da ich mir eh noch einen typischen Sari kaufen wollte kam mir das eigentlich ganz gelegen. Natürlich verliebten wir uns schnell in zwei Pashminas, für die wir uns dann auch entschieden. Dann probierte ich einige Saris an und auch dort war die Entscheidung schnell getroffen. Carsten ließ sich noch eine Hose schneidern und dann ging es ans Verhandeln. Ich hatte vorher bereits gelesen dass die Inder es lieben zu verhandeln und man eigentlich grundsätzlich den halben Preis als angeboten bezahlen sollte. Der Ursprungspreis betrug 32.000 Rupien. Leider konnte ich ihn lediglich auf 28.000 herunter bringen. Hose und Sari sollten noch angepasst werden und uns zu 20 Uhr ins Hotel gebracht werden. Wohlwissend viel zu viel bezahlt zu haben verließen wir den Laden und setzten unsere Sightseeing Tour fort.


Als wir nach dem Abendessen gegen 20:30 in die Pension zurückkehrten war natürlich niemand vom Markt da der unsere Sachen abgeliefert hatten. Wir gaben unserer Gastmutter Bescheid, die unmittelbar zum Hörer griff. Alle paar Minuten rief sie wieder und wieder an und versicherte uns am nächsten Tag persönlich zum Laden zu fahren wenn heute niemand mehr vorbei kommen würde. Auch bestätigte sie uns, dass wir natürlich zu viel bezahlt hätten, sich dies jedoch noch in kleinem Rahmen befand. Schließlich kam um 21 Uhr der Fahrer mit unserem Klamotten, der natürlich nochmal 500 Rupien haben wollte. Sie mischte sich gleich ein, dass wir eh schon zu viel bezahlt hätten und er fuhr ohne einen Cent von uns zu bekommen wieder los. Ein bisschen schlechtes Gewissen kam trotzdem in uns auf. Schließlich haben wir im Vergleich zum Durchschnittsinder doch sooo viel mehr.
Als Dank für die Hilfe der Gastmutter zeigte Carsten ihr am nächsten Morgen wie man Omelettes so zubereitet, damit sie schön fluffig werden. Sie war begeistert und dankbar. 


Dann traten wir unsere Weiterreise in die Wüstenstadt Jaisalmer an. Bei dem Flughafen handelt es sich um ein Militärflughafen der dementsprechend klein ist und mich ein wenig an den im australischen Exmouth erinnerte. Der Fahrer wartete draußen auf uns wir sprangen auf die Ladefläche seines Jeep Wranglers und düsten los. Das war das Indien wie ich es mir vorgestellt hatte. Sandstraßen entlang vorbei an Schafherden. Kühe lagen im Ortskern herum und es liefen noch viel mehr Straßenhunde als in Delhi herum. Vor allem unzählige Welpen, von denen ich am liebsten sofort einen mitgenommen hätte. Leider wurde mir striktes Streichelverbot erteilt *augenrollen*

Nach unsere Ankunft machten wir uns direkt auf dem Weg zum Jaisalmer Fort. Einem Fort welches etwas höher liegt und zu einem der wenigen 'lebenden' Forts gehört, da dort noch immer etliche Menschen wohnen. Im Inneren war ein riesiger Bazar aufgebaut. Es wurde uns davon abgeraten dort etwas zu kaufen, da die Stände völlig überteuert seien und wir als Touristen eh noch mehr bezahlen würden. Wie bei einem typischen Bazar kamen natürlich unzählige Verkäufer auf uns zu und versuchten uns von ihrem Laden und ihren Produkten zu überzeugen. Mit ignorieren und einem kurzen 'No, thanks' wird man sie jedoch relativ schnell wieder los. Trotzdem ist es unwahrscheinlich nervig, dass man nicht einmal ein paar Minuten verharren kann um sich ein Gebäude genauer anzusehen. Sofort wird man wieder belagert. Daher verläuft die Zeit außerhalb der Hotels eher hektisch ab. Man ist ständig in Bewegung. An den Verkehr gewöhnt man sich dann auch als Fußgänger recht schnell. Die Autos hupen nicht weil man beiseite gehen soll, sondern um sich anzukündigen, von daher ist es ratsam einfach weiter seinen Weg zu verfolgen. Dann wird man gekonnt umfahren.
Von Jaisalmer hat man den Eindruck dass die Welt hier vor hunderten von Jahren einfach stehen geblieben ist. Noch mehr als wir das bereits in Delhi empfunden haben. Häuser werden scheinbar von Hand aufgebaut und manchmal auch nur halb fertig. Es gibt nur ein offenes Abwassersystem, was den Geruch sehr stark beeinträchtigt. Müll wird an fast jeder Straßenecke verbrannt und dazu die unzähligen Exkremente der Kühe. 
Zum Anfang war es etwas merkwürdig und aufregend einer Kuh auf offener Straße zu begegnen. Näher betrachtet wollte man diesen dann doch lieber nicht zu nahe kommen, da die meisten krank und dreckig erschienen. Einige hatten wohl auch grade erst gekalbt. Trotzdem beachteten sie die Menschen nicht weiter und liefen einfach so an ihnen vorbei.
Das Fort war einfach riesig mit unzähligen Gassen. Es dauerte nicht lange bis wir uns verliefen *lach* 
Auf einmal vernahmen wir deutsche Stimmen hinter uns. Ein älteres Pärchen. Wir tauschten im Gehen ein paar Worte aus. Sie schienen etwas gestresst zu sein und wunderten sich über unsere entspannte Art. Ob wir grade erst angekommen seien. Dabei hatten wir eher den Eindruck von Tag zu Tag ruhiger zu werden und sich mehr und mehr an Geräuschpegel, Gestank und die aufdringlichen Menschen zu gewöhnen. Zum ersten Mal wagten wir uns auch an ein erstes Streetfood. Eine Art Chips (ähnlich wie die Krabbenchips, die man beim Asiaten bekommt) natürlich gewürzt mit Masala, der typisch indischen Gewürzmischung. Auch hier bezahlten wir vermutlich wieder den dreifachen Preis. Auch wenn es sich für uns meist nur um einen Unterschied von einem oder zwei Euro handelt, trübt es ein wenig die Stimmung, weil man sich wie ein ausgenommener Tourist vorkommt.
Den Abend ließen wir am Gadisar Lake ausklingen, von wo aus man einen tollen Blick zum Sonnenuntergang hat. Hier fanden wir Gott sei Dank ein ruhiges Plätzchen, wo wir nicht sofort wieder belagert wurden.
So schön diese ganzen Bauwerke auch anzusehen sind, fehlt uns ein wenig das authentische Indien. Wir möchten Indien erleben wie es wirklich ist. Wie ist der Alltag der Menschen, womit verbringen sie Ihre Zeit, welche Interessen verfolgen sie?!? Wir werden versuchen dem ganzen noch einmal auf den Grund zu gehen, aber nun begeben wir uns erstmal in ein weiteres Abenteuer. Es geht mit dem Kamel in die Wüste zu einer Overnight Safari. Einer Nacht unter den Sternen Indiens.


Bis dahin
Eure Maria und Carsten 

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