Großstadtfieber

Nach einer mittlerweile recht kühlen Nacht im Camper brachen wir auf in Richtung Perth bzw. Fremantle. Die nächste Nacht wollten wir in einem Hostel verbringen, da die Nächte im Südwesten Australiens noch immer ziemlich frisch sind (es ist ja auch grade erst Frühlingsanfang). Zwei Zwischenstopps wollten wir auf dem Weg in die Großstadt unbedingt noch mitnehmen: die sehenswerten Pinnacles und ein Besuch im Yanchep Nationalpark, in dem noch ein paar wilde Koalabären zu finden sind.
Bei den Pinnacles handet es sich um bis zu 4m hohe Kalksteinsäulen, die vor etwa 500.000 Jahren durch die damalige Vegetation und einem erhöhten Wasservorkommen entstanden sind. Wirklich beeindruckend was Mutter Natur da wieder geschaffen hat. Allein die Größe der Fläche hat meine Erwartungen weit übertroffen. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall. Wir waren leider erst am späten Vormittag dort, aber die Sonnenauf- und -untergänge müssen hier atemberaubend aussehen, da sie die Säulen in einem ganz besonderen Licht erstrahlen lassen.

Etwas weiter südlich, in der immer kälter werdenden Gegend (mittlerweile nur noch 17 Grad), befindet sich der Yanchep Nationalpark. Hier wurde ein Reservat errichtet, in dem Koalas und Känguruhs, ohne eingesperrt zu sein, leben können. Die niedlichen Bären hielten alle ihren Mittagsschlaf hoch oben in den Eukalyptusbäumen, ich hatte jedoch das Glück einige von ihnen mit meinem Weitwinkelobjektiv einfangen zu können. Wir wanderten noch den 2km Trail (ich habe mich mittlerweile als echter Fan von diesen Trails entpuppt) um den dort befindlichen See.

Endlich erreichten wir am Sonntag nachmittag unser eigentliches Reiseziel, Perth City. Wir suchten uns ein Hostel etwas weiter südlich in der Hafenstadt Fremantle (oder von den Einheimischen liebevoll "Freo" genannt). Schon bei der Einfahrt in die Stadt und dem Anblick dieser, für australische Verhältnisse, moderne hohen Gebäuden kam ein ungutes Gefühl in mir auf. Ebend steckten wir noch im tiefsten Outback bei 30 Grad Sonnenschein und nun frieren wir inmitten einer einengenden Großstadt. Nun gut, ich schluckte die anfängliche Skepsis hinunter und wollte der Stadt zumindest eine Chance geben.
Schnell fanden wir das reservierte Hostel, welches von außen einen ziemlich belebten Eindruck machte. Im unteren Teil befand sich eine Bar mit Billiardtischen und einer kleinen Musikbühne. Beim Einchecken fragte uns der langhaarige, leicht stoned wirkende Mitarbeiter, ob wir uns das Zimmer mit anderen teilen möchten. Matze war sowieso stets auf der Suche nach anderen Backpackern und ich dachte mir, wenn schon Hostel, dann richtig! Also willigten wir ein. Für 22$ die Nacht bekamen wir sogar Frühstück inklusive. Das klang ja schon fast wie Musik in meinen Ohren. Er führte uns herum und zeigte uns die Räumlichkeiten. Es gab einen großen Aufenthaltsraum mit Tischtennisplatte und Fernseher, eine recht große Küche, deren zwei riesige Kühlschränke mit unzähligen Beuteln der Hostelgäste vollgestopft waren und recht viele ziemlich saubere Duschen, jedoch nur eine Toilette auf unserer Etage. Im Flur befanden sich kombinierte Wasch- und Trockenmaschienen, wovon die Hälfte bereits defekt war, die ich jedoch dankend für die Reinigung meiner Kleidung nutzte. Der gechillte Hostelmitarbeiter zeigte uns die Tür zu unserem Schlafsaal. Als völlig unerfahrene Hostelbewohnerin öffnete ich fast schon ein wenig aufgeregt die Tür, gespannt auf das was mich dahinter erwartet und welche interessanten Menschen sich noch in unserem Zimmer befanden. Doch beim Anblick des Zimmers traf mich der Schlag!!! Der ganze Fußboden war voller Backpacker-Rucksäcke, dreckiger Unterwäsche, Handtücher und Klamotten. Der Geruch glich einem Mix aus Käsefüßen und Schweiß. Wir schauten in die Betten. Es war leider unersichtlich welche davon noch nicht belegt waren. In einem Bett regte sich ein Kopf. Ein deutsches Mädchen, die uns erklärte welche Betten wahrscheinlich noch frei wären. Mir stieg ein Kloß in den Hals. Hier wollte ich auf keinen Fall bleiben!!! Gott sei Dank sah Matze das ähnlich, sodass wir uns ein neues Zimmer zuteilen ließen. Dieses war wesentlich angenehmer und aufgeräumter als das vorherige. Wir teilten es uns mit einem englischen Pärchen und zwei englischen alleinreisenden Männern, die wir jedoch kaum zu Gesicht bekamen. Der Geruch war etwas angenehmer, aber es hätte nicht geschadet hier ab und an mal das Fenster aufzureißen, was leider unmgöglich war.
Ich verdaute erst einmal den anfänglichen Schock und versuchte mich mit der Situation, die mir absolut gar nicht gefiel, abzufinden. Ich sehnte mich zurück ins Outback. Ich wollte zurück in die unberührte Natur, zurück in den kleinen Pub von dem netten älteren Pärchen in dem verlassenen kleinen Vorort, zurück an den Strand, an dem man kilometerweit laufen konnte ohne eine Menschenseele anzutreffen. Am liebsten hätte ich mich sofort in den Camper gesetzt und wäre wieder abgehauen. Leider sind die Nächte mit 4 Grad hier unten jedoch zu kühl, um sie im Van zu verbringen. Ich konnte mir jedoch überhaupt nicht vorstellen, die nächsten 8 Tage in dieser Stadt zu verbringen, geschweige denn in diesem Hostel. Wir entschieden uns den kommenden Morgen abzureisen und ein anderes in der Innenstadt von Perth zu suchen (auch wenn mir das nicht unbedingt besser gefiel). Als ich mich etwas entspannt hatte, schauten wir uns ein wenig am Hafen um und landeten schließlich in der kleinen Bar unter unserem Hostel. Hier war Karaoke Abend angesagt und es war ein Vergnügen den unterschiedlichen Menschen beim Singen zuzusehen. Wir verbrachten den restlichen Abend mit einer Partie Billiard nach der anderen und es dauerte nicht lang, bis sich ein Neuseeländer und ein Aussi für eine Runde "Double" dazugesellten.

Nach ein, zwei Bieren sah der Abend auch schon gar nicht mehr ganz so trübe aus. Irgendwann fielen wir dann in unsere Hostelbetten und ich konnte unerwartet gut darin schlafen. Meine innere Uhr weckte mich trotzdem um 6 Uhr in der Früh und ich stürzte mich aufs "Frühstücksbuffet". Dieses bestand aus drei Packungen Milch, einer Packung Kornflakes, einem Toastbrot (was unmöglich für alle Gäste reichen konnte), einer Marmelade und Erdnussbutter. Gott sei dank war ich früh genug dran, um überhaupt zwei Scheiben Toastbrot abzubekommen. Aus der Rezeption stieg mir bereits der frische weed Duft entgegen. Ich hoffe mich schnell an die Stadt zu gewöhnen und vielleicht finde ich am Ende ja doch noch Gefallen an ihr...

Bis dahin
Eure Maria

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