Im Herzen Australien(s)

Der kleine Coach Bus von Mulgras Adventure Tours fuhr am Dienstag früh um 6 Uhr beim Hostel vor, um mich in das nächste Abenteuer zu entführen. Die dreitägige Outback Tour begann. Unser erster Stop war eine Kamelfarm. Hier durften wir eine Runde auf einem Kamel über den Platz drehen. Für mich nicht wirklich etwas neues, aber lustig war es trotzdem irgendwie. Die Kamele sind in Australien nicht heimisch, wurden jedoch vor einigen hundert Jahren von Arabern eingeführt und stellen mittlerweile ein echtes Problem dar. Sie vermehren sich stark, werden deswegen teilweise ausgewildert und bedrohn dadurch die Pflanzen im Outback, die wiederum für andere Lebensstätten notwendig sind.
Nachdem wir weitere Reisende vom Flughafen eingesammelt hatten, begann erstmal eine kurze Vorstellungsrunde. 8 Deusche unter den 24 Personen (oh nein). Der Rest war sehr gemischt. Finnland, Korea, Australien, Dänemark, Frankreich...
Der nächste Halt war das Kulturcenter des Uluru. Hier lernte ich dann Katie, eine schottische Hebamme aus London und Marleen, eine holländische Grundschullehrerin kennen. Wir verstanden uns auf Anhieb und innerhalb kürzester Zeit wurde aus uns ein echtes Dreiergespann. 'Treffen sich eine Schottin, eine Holländerin und eine Deutsche in Australien...' so ungefähr wird der Anfang unserer Geschichte lauten, wie mir ein Tourteilnehmer aus Hamburg im Bus zuflüsterte.
Nach einem schnellen Lunch ging es endlich zum Uluru (oder von uns nur noch 'the rock' genannt). Die Umrundung des Rocks kann mit einer Strecke von 10km bewältigt werden. Der Aufstieg war zu unserer Tageszeit nicht mehr gestattet. Generell wird dies von den Anangus, den dort lebenden Ureinwohnern, auch nicht gern gesehen, da der Uluru für sie eine heilige Stätte darstellt. Abgesehen davon ist der Aufstieg sehr steil und nur ein dort angebrachtes Seil dient als Hilfe. Viele Touristen sind bereits ums Leben gekommen, weil sie entsprechende Vorsichtsmaßnahmen nicht beachtet haben, denn innerhalb des Tages wird der Berg an sich und auch die Temperaturen um ihn herum unglaublich heiß und für den Menschen kaum zu ertragen.
Den langen Walk um den Rock bewältigte ich natürlich mit Katie und Marleen. Nach dem zehnten Foto von einer weiteren Ecke des Steines sahen wir ein, dass es sinnlos ist zig Fotos dafür zu verschwenden und verbrachten den Rest des Weges vielmehr damit um die Wette zu quatschen.
Grundsätzlich ist der Uluru jedoch ein gewaltiges Gestein mit einer unglaublich interessanten Geschichte, denn für die Anangus hat so ziemlich jede Erhebung und jede Einhölung eine spirituelle Bedeutung und es hat wahrlich Spaß gemacht in diese Geschichten einzutauchen. 



Drei Stunden fuhren wir dann zu einer entfernteren Aussichtsplattform, um bei einem (oder auch zwei, drei) Gläsern Sekt und Snacks den Sonnenuntergang und das damit verbundene Farbschauspiel des Ulurus zu genießen. Kurz vor dem Untergang scheint der Berg in seiner tiefroten Erscheinung förmlich zu leuchten. Es ist unglaublich mit anzusehen.


Anschließend zauberte Ryan uns im Camp ein köstliches Dinner und wir bereiteten unsere Swags für die Nacht vor. Ein Swag ist sozusagen eine Matratze mit einer sehr stabilen Hülle, in der man mit seinem Schlafsack hereinkriecht. So konnten wir direkt unter den Sternen schlafen. Da es am nächsten Morgen um vier wieder hoch ging, legten wir uns auch frühzeitig hin. Als ich um zwei erwachte, war der hellleuchtende Mond nicht mehr direkt über mir, wie es beim Einschlafen gewesen ist und so hatte ich einen einzigartigen Blick in den Sternenhimmel. Ich hatte das Gefühl, dass es jedes Mal mehr Sterne wurden, wenn ich die Augen öffnete. Ich konnte nicht mehr weg sehen und sogar vier oder fünf Sternschnuppen beobachte. In diesem Moment war ich jedoch einfach nur wunschlos glücklich.
Pünktlich zum Sonnenaufgang fuhren wir dann zu einer weiteren Aussichtsplattform des Uluru und dem Kata Tjuta Gebirge, das wir uns an diesem Tag genauer ansehen wollte. Auf der Plattform tümmelten sich bereits unzählige Menschen mit ihren Kameras, umhüllt in ihren Schlafsäcken, da es um sechs Uhr noch recht kühl war. Der Sonnenaufgang war wunderschön. Dieses Mal war es der Kata Tjuta, der mit seinem Farbschauspiel begeisterte. Wir machten uns anschließend auf den Weg dorthin und hatten mal wieder einen Hiking Trail mit einer Länge von 8km vor uns. Der Weg führte über loses Gestein, die Berge hinauf und wieder herab. Die Sonne brannte immer mehr und die Füße schmerzten schon nach der Hälfte des Weges. Da man sich sehr auf seine nächsten Schritte konzentrieren musste, um nicht abzurutschen oder gar umzuknicken, konnte man die beeindruckende Landschaft nur in den Pausen so richtig wahrnehmen. Doch diese Aussicht zahlte sich dann auch jedes Mal unmittelbar aus. Ich versuchte die Schönheit dieser Landschaft nur so in mir aufzusaugen.



Vier Stunden später waren wir pünktlich zum Lunch zurück im Camp und der Nachmittag wurde damit verbracht ins nächste Camp in der Nähe des Kings Canyon umzuziehen. Die restliche Zeit über hatten wir die Möglichkeit einen Helikopter Rundflug oder Quad Tour durch den Nationalpark zu unternehmen. Auf Anraten eines guten Freundes wollte ich unbedingt den Rundflug machten, fand jedoch keine dafür benötigte zweite Person. Für 200€ für 30 Minuten war das jedoch auch relativ verständlich. Also besorgten wir uns ein paar kühle Bier und unterhielten uns in gemütlicher Runde. Die Stimmung war fantastisch und die Menschen hätten unterschiedlicher nicht sein können. Für diesen Moment war es unbezahlbar jedem einzelnen von ihnen zu lauschen und sich an seinen Geschichten zu erfreuen. Wir entfachten ein Lagerfeuer, indem Ryan den Kartoffelbrei und ein Buschbrot zubereitete. Vom BBQ gab es als Höhepunkt noch Känguruhsteaks und Kamelburger und zum Nachtisch natürlich im Feuer gegarte Marschmallows am Spieß. Alles sehr lecker, trotzdem musste ich bislang immer wieder feststellen, dass die Aussis einen eigenartigen Geschmack haben was das Essen betrifft. Im Grunde klingt alles wesentlich leckerer als es in Wirklichkeit ist.
Wir schlugen unsere Swags ums Lagerfeuer auf und verbrachten eine weitere Nacht unterm Sternenhimmel, unter dem wir die verschiedenen Sternbilder auswerteten.


Am letzten Ausflugstag brachte Ryan uns zum King Canyon. Eine riesige Gebirgskette mit einem Creek auf der einen Seite und dem Sandstein auf der anderen Seite. Die letzte Hiking Tour von 6km bestand uns unmittelbar bevor und die hatte es in sich. Gleich zu Beginn ging es den 'Heartattacke Walk' hinauf, der aus 500 steilen, von der Natur aus Sandstein geformten Stufen bestand, hinauf. Gott sei Dank war es erst 7 Uhr morgens und die Temperaturen noch einigermaßen erträglich. Während unserer Wanderung stieg die Sonne immer höher empor und erfüllte jede Ecke der Gesteine mit Licht und einer wunderschönen leuchtend roten Farbenpracht. Ryan informierte uns stets über die Entwicklung der Gesteine und stellte uns die unterschiedlichen Pflanzen und deren Wirkung vor. Typisch Aussi Humor erzählte er jedoch auch wahnsinnig viel Quatsch. So blieb er zum Beispiel bei einem Baum stehen und zeigte mit seinem Finger in die Krone, in der sich ein kleiner Koala befinden sollte. Nachdem sich die 23 Personen mit ihren Kameras bewaffnet um den Baum scharrten um wie wild nach dem Tier zu suchen, lachte er sich an der Seite kaputt. Es machte wahnsinnig Spaß auf der Gebirgskette herum zu spazieren, auch wenn es wahnsinnig anstrengend war.




Zum Lunch ging es ins Camp zurück und kurz darauf wurde die Hälfte unserer Truppe dann auch schon abgeholt, um zurück nach Alice Springs gebracht zu werden. Wieder hieß es Abschied nehmen, der gefühlt immer schwerer fiel. Schnell wurden noch die Facebook Kontakte ausgetauscht und unzählig mal umarmt, bevor wir den 5h weiten Rückweg antraten.
Am Abend gab es in Alice Springs noch einen "Night Market", da grade die Alice Springs Masters stattfinden. Eine Sportmeisterschaft für alle ab 35 Jahren. Ich traf mich mit Marleen noch auf einen koreanischen Pancake bevor es dann für mich Zeit wurde ins Bett zu gehen. Ein schöner Abschluss einer wunderbaren Woche.

Mein Resümee aus dieser Reise:
Das Reisen zeigt uns nicht nur die Welt, es bringt uns auch anderen Menschen näher. Nirgends sonst lernt man, sich Fremden gegenüber in kürzester Zeit zu öffnen und ihnen blind zu vertrauen (im gesundem Maße). Eines Morgens auf dem Weg zum Campingplatz hielt Ryan an einem verlassenen Ort an, um den Tank des Busses aufzufüllen. Neben ihm stand ein indischer Mitarbeiter der Tankstelle und füllte das Wischwasser auf. Ihre Blicke trafen sich und es folgte unmittelbar darauf der Satz "Hey, how are you doing?" So kamen die beiden ins Gespräch und schnell entwickelte sich so eine tiefgehende Unterhaltung, sodass man den Eindruck bekam, sie würden sich schon ewig kennen und dabei waren sie sich vollkommen fremd. In Deutschland sind doch die meisten Menschen (und ich nehme mich da nicht unbedingt heraus) eher darauf bedacht, den Blick sofort abzuwenden, sobald er sich mit einem fremden kreuzt, anstatt eine Unterhaltung zu starten.  Für mich habe ich gelernt, dass das Miteinander genauso wichtig ist, wie die Zeit, die man mit sich allein verbringen sollte. Ich habe die langen Busfahrten oder Wartezeiten gerne genutzt, um in mich hineinzu hören, denn beim Reisen nimmt man sich selbst viel stärker wahr. Wie jeder Mensch habe auch ich meine Schwächen. Einige sollte man einfach akzeptieren, an anderen kann man arbeiten. Aber das Bewusstsein darüber ist der erste Schritt diese zu bewältigen und immer wieder wurde mir klar, dass ich nicht mehr auf der Suche nach mir selbst bin. Ich habe meine innere Mitte gefunden und weiß wie ich mein Leben für mich zu gestalten habe, um glücklich zu sein. Trotz der Tatsache, dass ich diese Reise alleine angetreten habe, gab es keinen Moment (bis auf einen kurzen emotionalen Ausbruch, den ich jedoch bis jetzt auf all meinen Reisen, ob nun allein oder nicht, einmal durchstehen musste), indem ich mich wirklich einsam gefühlt habe. Ich behaupte auch, dass ich nie so viele interessante Menschen kennen gelernt hätte, wenn ich nicht alleine gewesen wäre. Mir wurde mal wieder bewusst, dass das, worauf es im Leben ankommt, keine materiellen Dinge sind. Es sind die Menschen, die dich in deinem Leben begleiten und unterstützen, die unterschiedlichen Begegnungen und die Erlebnisse, die deinen Charakter formen.

Nun sitze ich in Adelaide am Flughafen und schreibe unter Krokodilstränen meine letzten Zeilen. Ich freue mich darauf, in ein paar Stunden meine Familie, Freunde und meinen geliebten Hund wieder in den Arm nehmen zu können. Trotzdem hat mich dieses Land bereits in der Sekunde meiner ersten Ankunft für sich gewonnen und mein Herz wird immer hier bleiben. Irgendwann komme ich zurück, geliebtes Australien!

Kommentare

  1. Oh Maria - so viel Selbsterkenntnis - eine Reise, die etwas bewegt hat. Toll!! Und wir durften dich die ganze Zeit begleiten- danke dafür !

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  2. Und eine gute Heimreise und ein baldiges Wiedersehen im kalten Deutschland 🍾

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  3. Wahre Worte, liebe Maria. Es freut mich sehr, dass du diese Reise trotz anfänglicher Skepsis gemacht hast. Aber jetzt freue ich mich auch, dass du endlich wieder zurück kommst und uns mit deinem neuen und altem ICH wieder in den Bann ziehst. Danke das du uns an deinem Abenteuer Australien hast teilhaben lassen. Ich hatte Spaß dir zu folgen und habe deine Worte aufgesaugt. Einen guten Flug und bis zum nächsten Wochenende. Ich kann es kaum erwarten. See You :-*

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